Das traditionelle Modell des Finanzmarkts
Traditionell geht die Finanzmarkttheorie davon aus, dass sich Kapitalgeber, also Menschen und Institutionen, die Kapital zur Verfügung haben, und Kapitalnehmer, also Menschen und Institutionen, die Kapital benötigen, auf dem Finanzmarkt zusammenfinden. Grundvoraussetzung hierfür ist die sogenannte Informationseffizienz. Dies bedeutet, dass alle Marktteilnehmer an einer symmetrischen Verteilung, Qualität, Tiefe und Verfügbarkeit von Informationen partizipieren und sich Kapitalnehmer und Kapitalgeber somit mündig zusammenfinden können.
Auf Basis dieser Informationen können Akteure unter der Maxime einer Allokationseffizienz, die für sie jeweils gewünschten Allokationsmaximen erreichen, traditionell streben die Akteure dabei nach einer Balance aus Rendite, Liquidität und Risiko. Der Markt soll Kapital also dort allokieren, wo es benötigt wird, und dem Kapitalgeber und Kapitalnehmer eine Befriedigung der individuellen Interessen erlaubt. Die übergeordnete Funktion des Marktes ist dabei die Herstellung einer gesamtgesellschaftlichen Stabilisierungseffizienz, also die Gewährleistung von Beschäftigung, Wachstum und Infrastrukturaufbau als wesentliche Grundzüge einer Marktwirtschaft.
Diese Stabilisierungseffizienzen geben den Rahmen für die Bedingungen des Marktes und werden in demokratischen Systemen auch implizit demokratisch beschlossen, indem Bürger*innen ihre Wahlstimme einer oder mehreren Parteien geben, die sich der Erreichung unterschiedlicher wirtschaftlicher Stabilisierungseffizienzen verschreiben. Dieses idealtypische Zusammenspiel aus Akteuren, Informations-, Allokations- und Stabilisierungseffizienz kann auf Basis der Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte und gar seit Gründung der Finanzmärkte stark angezweifelt und kritisiert werden, da zum Beispiel eine asymmetrische Kapitalkraft, Informationsverteilung und -güte, irrationale Verhaltensweisen, das Dogma des Profits und nicht zuletzt sozial-ökologisch nicht nachhaltige Stabilisierungseffizienzen zu einer dysfunktionalen Entwicklung des Finanzmarktes beitragen, mit den uns bekannten Folgen für Finanzstabilität, soziale Gerechtigkeit, ökologische Leitplanken und gesellschaftlichen Zusammenhalt.