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Sinn

Nachhaltige Wirtschaft: Konsum und Produktion mit Sinn

Wir wollen nichts anderes als ein Wirtschaftssystem, das von Sinn und Maßhalten geprägt ist, das sich an den wichtigsten Bedürfnissen der Menschen orientiert und in dem der Gewinn die Folge und nicht der Zweck wirtschaftlichen Handelns ist.

Erfahren Sie hier mehr über die Auswertung unserer Wirkindikatoren für das Zukunftsbild Nachhaltige Wirtschaft für unser Geschäftsjahr 2020.

Kreditvolumen 2020 der Branche Nachhaltige Wirtschaft im Jahr 2020: 

380,172 Millionen Euro

(entspricht 9 Prozent vom Gesamt-Kreditvolumen der GLS Bank)

Ein gutes Leben für alle!

Im Jahr 2020 war am 22. August Earth Overshoot Day – durch die Corona-Pandemie rund einen Monat später als im letzten Jahr. Nach diesem Tag verbrauchten wir bis zum Jahresende mehr natürliche Ressourcen als im gleichen Zeitraum nachwachsen konnten. Wir leben auf Pump. Wir bräuchten 1,75 Erden pro Jahr, um unseren derzeitigen Hunger nach Ressourcen zu stillen. Wenn jede Nation so wie Deutschland wirtschaften würde, wären es sogar drei Erden. Die Folgen unseres übermäßigen Verbrauchs über Biokapazitäten hinaus sind Artensterben, Klimawandel oder schrumpfende Wälder. Wir sägen mit aller Kraft an dem Ast, auf dem wir sitzen.

Unser Konsum zerstört aber nicht nur die Umwelt, er führt auch zu weltweiter sozialer Ungerechtigkeit. Während wir in Deutschland jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel wegwerfen,1 hungern täglich weltweit 822 Millionen Menschen - das sind 11 Prozent der Weltbevölkerung. 2,2 Milliarden2 Menschen mit Übergewicht stehen zwei Milliarden Menschen3 mit Mangelernährung gegenüber. Wäre die Lebensmittelverschwendung ein Staat, wäre sie der drittgrößte CO2-Emittent weltweit.4 Geschicktes Marketing und verführerisch niedrige Preise führen zu absurden Ausmaßen unserer Konsumgesellschaft: Jedes fünfte Kleidungsstück landet unbenutzt im Müll.5

Neue Modekollektionen kommen nicht nach Jahreszeiten, sondern beinahe wöchentlich auf den Markt. Der Zeit- und Preisdruck auf Fast Fashion Anbieter und Produzenten hat einen Preis: massive Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen. Den allerdings zahlen die Konsument*innen nicht.

Eine konsequente Kreislaufwirtschaft kann dabei Materialkreisläufe schließen und dadurch wertvolle natürliche Primärressourcen schützen. Allerdings verharrt die Recyclingquote in Deutschland seit Jahren bei 70 Prozent.6 Immer mehr Geräte und Waren haben ein eingebautes Verfallsdatum. Die Abkopplung des Konsums von Primärressourcenintensität und geschlossenen Materialkreisläufen liegt in weiter Ferne. Ein bedarfsorientierter Konsum ist nicht Mainstream, wir konsumieren in der Endlosschleife.

Wir können auch anders. Die GLS Bank unterstützt ganz bewusst Unternehmen der nachhaltigen Wirtschaft. Wir wollen nichts anderes als eine Umwandlung unseres Wirtschaftssystems in eines, das von Kreislaufwirtschaft, von Sinn und Maßhalten geprägt ist und in dem der Gewinn die Folge und nicht der Zweck wirtschaftlichen Handelns ist.

1 WWF (2015): Das große Wegschmeißen.
2 Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) (2014): Global, regional, and national prevalence of overweight and obesity in children and adults during 1980–2013: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2013.
3 Welthungerhilfe (2019): Hunger: Verbreitung, Ursachen & Folgen, URL: https://www.welthungerhilfe.de/hunger/

4 https://www.klimareporter.de/advertorials/lebensmittelverschwendung-nein-danke
5 Greenpeace (2015): Wegwerfware Kleidung
6 Umweltbundesamt (2018): Die Nutzung natürlicher Ressourcen. Bericht für Deutschland 2018.

Unser Zukunftsbild Nachhaltige Wirtschaft

Wir müssen anders konsumieren. Wie? Dafür gibt es bereits Beispiele. „Nutzen statt Besitzen“ und „Teilen statt Kaufen“ sind die neue Konsumkultur. Sie setzt auf Genügsamkeit, besseres Konsumieren und „Weniger ist Mehr“. Wer sich von einem materialistischen Welt- und Selbstbild verabschiedet, dem ermöglicht Suffizienz (Genügsamkeit) ein „Mehr“ an Zeit, Natur, Genuss, Gesundheit und Achtsamkeit. Der Mensch muss essen, wohnen, braucht Energie, will gesund sein, will lernen, ist sozial und kreativ.

Nur eine Wirtschaft, die diese Grundbedürfnisse befriedigt und dabei unsere Lebensgrundlagen erhält oder weiterentwickelt, hat Zukunft. Nicht dauerndes Wachstum ist der Zweck, sondern die Waren und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, die wirklich nötig sind.

Wer auf die Natur achtet, achtet auch auf faire Beziehungen zu seinen Beschäftigten, Partnern und Kund*innen. Eine solidarische und partizipative Beteiligungsstruktur, u.a. auch von Menschen aus dem Umfeld, macht zudem stark gegen Konkurrenz. So können Unternehmer*innen den sozial-ökologischen Unternehmenszweck unabhängig und langfristig verfolgen. Nachhaltige Wirtschaft krempelt das bestehende Wirtschaftssystem komplett um – zugunsten nachfolgender Generationen und der Natur.

Unser Zukunftsbild für unsere Branche Nachhaltige Wirtschaft ist:

Genügsamkeit

  • Maßvolle Gesamtnutzung von Produkten und Dienstleistungen
  • zu einer gesamtgesellschaftlichen Reduktion der ökologischen Auswirkungen.
  • Eine Reduzierung der Gesamtnutzung von Produkten erfordert ein stärkeres Umdenken als Effizienzbedingungen, da sie aus wirtschaftlicher Perspektive der aktuell vorherrschenden Wachstumsprämisse widerspricht.

Für die Überprüfung unseres Beitrags zu diesem Gestaltungsanspruch haben wir zunächst folgende Wirkindikatoren hinterlegt: Reduktion wesentlicher Ressourceneinsätze im Vergleich zu konventionellen Vergleichsangeboten, Maßnahmen zur gezielten Reduktion des Konsums durch Anreize für Reparatur, Wiederverwendung etc., Maßnahmen zur Begleitung von Lieferanten zur Verbesserung der ökologischen Produktionsverhältnisse.

Bewirkt:

Bei 76 Prozent der von uns finanzierten Unternehmen bestehen Anreize zur Reparatur und Wiederverwendung der verkauften Produkte, um somit vermeidbaren Konsum gezielt zu reduzieren. Zu den Maßnahmen gehören z. B. Angebote für eine gemeinschaftliche Nutzung, die Steigerung der Langlebigkeit der Produkte sowie besondere Serviceangebote.

Außerdem sparen die von uns finanzierten produzierenden Unternehmen durchschnittlich 48,6 Prozent wertvolle Ressourcen im Vergleich zu konventionellen Herstellern ein - z. B. bei Wasser, Kunststoffen, Papier, fossilen Energieträgern oder Chemikalien (etwa Per- und polyfluorierte Chemikalien, PFC).

Sinnstiftend

  • Verständnis für menschliche Grundbedürfnisse sowie deren aktive Berücksichtigung und die
  • Überzeugung, dass Produkte und Dienstleistungen in Bereitstellung und Nutzung sozial verträglich und auf den Basisnutzen der Menschen ausgerichtet sein müssen.

Wirkindikatoren: Art der Nutzenstiftung der Produkte/ Dienstleistungen, Verhaltenskodex mit sozialen, ethischen und ökologischen Mindeststandards, Maßnahmen zur Begleitung von Lieferanten zur Verbesserung der sozialen Produktionsverhältnisse, Zertifizierungsquoten durch branchenspezifische Verbände/Systeme.

Bewirkt:

Die von uns finanzierten Unternehmen erfüllen vor allem Grundbedürfnisse (34 Prozent), fördern die menschliche Entwicklung (19 Prozent), lösen sozial-ökologische Problemstellungen (16 Prozent) und schützen unsere Umwelt (22 Prozent). Statussymbole und Luxusgüter spielen mit 9 Prozent nur eine untergeordnete Rolle. Zum Beispiel fällt fair produzierter Schmuck unter diese Kategorie.

Selbstbestimmt

  • Stärkung finanzieller Eigenmittel zur Absicherung der ethischen und sozial-ökologischen Ausrichtung nachhaltiger Unternehmen.
  • Verbesserung der ökonomischen Resilienz.
  • Stärkung von Stimmrechten und Eigentumsverhältnissen zur Förderung der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung eines Unternehmens und dessen Belegschaft.

Wirkindikatoren: Begrenzung der Fremdbeteiligung nicht gemeinnütziger oder nicht mittätiger Träger oder Gesellschafter auf ≤ 20 Prozent, Eigenkapitalanteil & Eigenkapitalstruktur in Prozent nach Anspruchsgruppen.

Bewirkt:

45,8 Prozent der finanzierten Unternehmen beschränken bewusst die Fremdbeteiligung nicht gemeinnütziger oder nicht mittätiger Träger oder Gesellschafter auf unter 20 Prozent.

Faire Partnerschaften

  • Durchsetzung von fairen, vertrauensvollen, transparenten, langfristigen Partnerschaften und regionaler Verantwortung.
  • Stärkung partnerschaftlicher Qualitäten wie Vertrauen, Transparenz und Solidarität.

Wirkindikatoren: Durchschnittliche Dauer der Geschäftsbeziehungen zu Lieferant*innen, Maßnahmen zum dauerhaften Austausch mit Lieferant*innen zwecks Kostentransparenz & Kooperation, Maßnahmen zur freiwilligen Preiserhöhung durch Verbraucher*innen.

Bewirkt:

Vertrauensvolle Partnerschaften mit Lieferanten und eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen sind bei den von uns finanzierten Unternehmen in der Branche Nachhaltige Wirtschaft kein Lippenbekenntnis, sondern gelebte Praxis. Das spiegelt auch die Dauer der Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten wider: Durchschnittlich 5 Jahre beträgt die Dauer der Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten in der Branche Nachhaltige Wirtschaft.

Hinzu kommt, dass bereits 48,9 Prozent der Unternehmen spezielle Maßnahmen nutzen, um gemeinsam mit ihren Lieferanten die Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette noch besser zu machen.

Transformativ

  • Etablierung sozial-ökologischer Alternativen und Innovationen, die bestehende Produkte und Dienstleistungen ablösen, einen neuen nachhaltigen Markt eröffnen oder etablierte Märkte deutlich beeinflussen.

Wirkindikatoren: Umsatzanteile positiver Produkte/ Dienstleistungen, Forschungs- und Entwicklungskooperationen.

Bewirkt:

Im Durchschnitt werden 91,5 Prozent des Umsatzanteils der durch uns finanzierten Unternehmen durch Produkte und Dienstleistungen erzielt, die menschliche Grundbedürfnisse befriedigen, der Förderung der menschlichen Entwicklung dienen, dem Schutz der Biosphäre zuträglich sind oder zur Lösung sozial-ökologischer Problemstellungen gemäß den UN-Entwicklungszielen beitragen. Damit sind wir auf einem guten Weg – und die übrigen 8,5 Prozent schaffen wir auch noch.

Übrigens: 83,0 Prozent der Unternehmen in unserer Branche Nachhaltige Wirtschaft nutzen bereits Ökostrom.

Hinweis

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Im Jahr 2020 konnten wir bereits für über die Hälfte der Neukredite die sozial-ökologische Wirkung systematisch erfassen. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen.