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Bedeutung

Landwirtschaft als Lebens- und Kulturraum

Landwirtschaft ist die ursprünglichste Form jeglichen Wirtschaftens. Das Arbeiten in der Natur, geprägt von ihren Kreisläufen des Entstehens und Vergehens und dem Rhythmus der Jahreszeiten, führte zu einer engen Verbundenheit zwischen Menschen und ihrer natürlichen Umwelt. Auch heute noch ist Landwirtschaft der grundlegendste Wirtschaftszweig weltweit: Ohne den Anbau von Nahrungsmitteln ist keine Wirtschaftstätigkeit möglich. Außerdem ist Landwirtschaft im ländlichen Raum auch ein wichtiger Arbeitgeber. Gleichzeitig leistet die Landwirtschaft mehr als die reine Versorgung von Menschen. Sie pflegt Kulturräume wie Wiesen, Felder und Wälder und prägt ländliche Regionen.

Landwirtschaft ist Kultur.

Doch heute ist dieses romantisierte Bild der Landwirtschaft durch industrielle Produktion, die ökonomische Betrachtung des Lebendigen und den Kostendruck durch Verbraucher*innen und Einzelhandel leider ein ganz anderes und wird daher oft als Agrarindustrie bezeichnet.

Wie steht es um die Landwirtschaft? Was sind die größten Herausforderungen, was sind Lösungsansätze und wie setzt sich die GLS Bank für eine enkeltaugliche Landwirtschaft ein? Erfahren Sie hierzu mehr in unserem Fokuskapitel Landwirtschaft.

Bedeutung

Landwirtschaft in Deutschland – eine volkswirtschaftliche Perspektive

Wie gestaltet sich die Landwirtschaft in Deutschland aus volkswirtschaftlicher Perspektive? Wie steht sie im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren da? Dazu geben wir im Folgenden einen kurzen Überblick.

Ein paar Zahlen zum Überblick…

Die Nettowertschöpfung des Landwirtschaftssektors beträgt 13,5 Mrd. Euro1 und macht einen Anteil von 0,82 Prozent2 am deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) aus. Im Vergleich zu den Sektoren Dienstleistungen (62,39 Prozent) und Industrie (26,82 Prozent) nimmt er demnach einen vergleichsweise kleinen Teil des deutschen BIPs ein.

Betrachtet man die landwirtschaftlichen Erzeugnisse anhand der jeweiligen Verkaufserlöse, lässt sich feststellen, dass tierische Produkte an erster Stelle stehen. So machen tierische Erzeugnisse etwa 61 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus, pflanzliche Erzeugnisse haben einen Anteil von 39 Prozent. Innerhalb der pflanzlichen Produkte weisen Weichweizen mit rund 3,3 Mrd. Euro und Gemüse mit 2,9 Mrd. Euro den größten Verkaufserlös auf, dicht gefolgt von Speisekartoffeln. Blickt man hingegen auf die tierischen Produkte, erzielen Milch mit 10,7 Mrd. Euro und Schweinefleisch mit rund 8,1 Mrd. Euro einen wesentlich größeren Absatz.3

Verbrauchen wir alles selbst?

Deutschland ist nach den USA und den Niederlanden4 weltweit drittgrößter Exporteur von Agrarprodukten.

An erster Stelle stehen auch hier Fleischexporte mit knapp 10 Mrd. Euro. Rund die Hälfte der inländischen Schlachtungen werden exportiert. An nächster Stelle stehen Milch und Milcherzeugnisse in ähnlicher Größenordnung, gefolgt von Getreideprodukten und Backwaren. Importiert werden an erster Stelle Ölsaaten und -produkte (z.B. Lein, Mohn, Raps, Soja) gefolgt von Fleisch- und Milchwaren.5

Neben der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln ist der landwirtschaftliche Sektor auch eine technische Rohstoffquelle. Denn ihm werden zum Beispiel auch Rohstoffe zur Gewinnung von Biokraftstoffen, -gas, und -kunstoffen entnommen.6

Und wie sieht es mit der Beschäftigung im Landwirtschaftssektor aus?

Im Jahr 2020 sind 578 Tsd. Menschen in der Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei erwerbstätig. Das sind etwa 11 Prozent weniger als zehn Jahre zuvor. Ein abnehmender Trend ist durchgehend zu verzeichnen.7 Besonders deutlich wird dieser in Bezug auf Landwirt*innen. Heute befinden sich bereits ein Drittel der praktizierenden Landwirt*innen im Rentenalter. Ein Generationenwechsel geht hier nur schwer von statten. Die Beschäftigung macht im landwirtschaftlichen - also primären - Sektor im Jahr 2020 1,3 Prozent aus. Das produzierende Gewerbe (sekundärer Sektor) beschäftigt 24,0 Prozent und die übrigen Wirtschaftsbereiche mit Dienstleistungen (tertiärer Sektor) beschäftigen 74,4 Prozent.8

EU-weit verringert sich auch die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe drastisch: alle drei Minuten schließt in der EU ein Hof9 - auch in Deutschland geht die Zahl zurück. Zurzeit wird von etwa 263.500 Betrieben ausgegangen. Im Jahr 2010 waren es noch 299.100 Höfe. Das entspricht einem Rückgang von rund 12 Prozent.10 Zunehmende Automatisierung und Effizienzsteigerungen haben die Zahl der Arbeitskräfte dezimiert. Deswegen sind die Betriebsgrößen der Betriebe gestiegen.11

Wie wichtig ist die Landwirtschaft volkswirtschaftlich also?

Die reine Reduktion der Landwirtschaft auf volkswirtschaftliche Zahlen und Anteile wird ihrer Schlüsselrolle als Lieferantin von Nahrungsmitteln und Rohstoffen nicht gerecht. Nicht zuletzt wird die Leistung der Landwirtschaft in wirtschaftlichen Zahlen zu klein dargestellt, da die landwirtschaftlichen Preise zu niedrig sind. Die hohe gesellschaftliche Relevanz wird auch dadurch deutlich, dass etwa ein Drittel des EU-Haushaltes in die Unterstützung der Landwirtschaft, bzw. in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) fließt. Das entspricht rund 60 Mrd. Euro im Jahr.12 Mehr zur GAP können Sie hier lesen.

Ein ebenso verändertes Bild ergibt sich, wenn die umweltrelevanten Kosten, die durch die Landwirtschaft erzeugt werden, mit einbezogen werden. Eine Berechnung der sogenannten externen Kosten ergibt, dass einer Bruttowertschöpfung von 21 Mrd. Euro Kosten im Umfang von 90 Mrd. Euro gegenüberstehen – und das allein durch die deutsche Landwirtschaft. Darunter werden Kosten gefasst, die durch CO2-Emissionen, Belastung von Böden und Gewässern sowie durch den Verlust von Biodiversität entstehen.13 Weitere Informationen zu versteckten Kosten in der Landwirtschaft finden Sie hier.

Auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive verdient die Landwirtschaft aus diesem Grund besondere Aufmerksamkeit!

1 Statistisches Bundesamt (2021). online unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/Publikationen/Downloads-Inlandsprodukt/inlandsprodukt-vorlaeufig-pdf-2180140.pdf?__blob=publicationFile
(S. 136). abgerufen am 10.07.2021
2 Statista (2021). online unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37088/umfrage/anteile-der-wirtschaftssektoren-am-bip-ausgewaehlter-laender/. abgerufen am 10.07.2021
3 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): 115. Verkaufserlöse der Landwirtschaft nach Erzeugnissen. online unter https://www.bmel-statistik.de/landwirtschaft/landwirtschaftliche-gesamtrechnung/
. abgerufen am 10.07.2021
4 Stand Dezember 2018
5 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2018). online unter https://www.bmel.de/SharedDocs.... S.9. abgerufen am 10.07.2021.
6 Pressportal (2015). online unter https://www.presseportal.de/pm/6600/3169190. abgerufen am 10.07.20217 Statistisches Bundesamt (2021). online unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/Publikationen/Downloads-Inlandsprodukt/inlandsprodukt-vorlaeufig-pdf-2180140.pdf?__blob=publicationFile
(S. 69). abgerufen am 10.07.2021