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Wirkungstransparenz

Nachhaltige Wirtschaft

Anspruch, Zielkonflikte & kritische Selbstreflexion - Mit einer ganzheitlichen Perspektive die Wirtschaft verändern

Mit dem Zukunftsbild für unsere Branche Nachhaltige Wirtschaft beschreiben wir Geschäftsmodelle und Ansätze für eine Neuausrichtung unserer Produktion und unseres Konsums. Ein gutes Leben innerhalb planetarer Belastungsgrenzen und gerechten, sozialverträglichen Verhältnissen ist möglich – und notwendig. Verschwenderischem Konsum und Maßlosigkeit wirken wir durch Genügsamkeit entgegen. Damit verfolgen wir eine Abkehr von „Immer mehr“ und stellen alternative Konzepte wie „Nutzen statt Besitzen“ als neue Konsumkultur in den Vordergrund.

Was ist der Sinn der Wirtschaft? Die Versorgung des Menschen mit den notwendigen Produkten und Dienstleistungen! Wir verfolgen eine Sinnstiftende Wirtschaft, die auf die Grundbedürfnisse des Menschen ausgerichtet ist und nicht durch geschicktes Marketing zusätzliche Nachfrage nach unsinnigen Produkten antreibt. Durch die Stärkung finanzieller Eigenmittel und Stimmrechte fördern wir die Selbstbestimmung von nachhaltigen Unternehmen. Damit es auch außerhalb des eigenen Unternehmens gerecht zugeht, benötigt es Faire Partnerschaften mit Lieferant*innen und Vertragspartner*innen. Solidarische Geschäftsbeziehungen auf Augenhöhe, zusammen mit einer regionalen Verantwortung und Verankerung, sorgen für starke Netzwerke aus nachhaltigen Unternehmen. Drängende Herausforderungen wie die Klimakrise, die Vermüllung der Meere oder die steigende soziale Spaltung erfordern eine Transformation der Produktionsmuster statt ein „Weiter so!“. 

Jedes Zukunftsbild einer Branche besteht aus fünf Qualitäten, die wir als zentrale Hebel des sozial-ökologischen Wandels innerhalb der Branche identifiziert haben. Jede einzelne Qualität greift mediale, wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte auf und eröffnet in Verbindung mit den übrigen Qualitäten eine Diskussion für eine gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft.

Nicht nur ein Weniger im Konsum ist erforderlich, sondern auch ein Mehr an ethisch-orientierten Unternehmen, die sich den kapitalistischen Strukturen der Gewinnmaximierung und des Wachstums entziehen und stattdessen Produkte an die Bedürfnisse der Menschen koppeln.

Mit Mut, nachhaltigem Unternehmergeist und starken Partnerschaften können wir den Umbau zu einer sozial-ökologischen Wirtschaft gestalten.

Neue Wege bestreiten und dabei selbstkritisch bleiben

Nachfolgend legen wir dar, wie wir ganz konkret auf die Qualitäten Genügsamkeit, Sinnstiftung und Faire Partnerschaften wirken und wo etwaige Hürden und Verbesserungspotentiale bestehen.

In unserer Branche nachhaltige Wirtschaft werden vielfältige Unternehmen vereint: Die lokale Fahrradwerkstatt, die Produktionsstätte für nachhaltige Textilien, Beratungs- und IT-Unternehmen finden sich darin genauso wie gastronomische Einrichtungen, Bio-Hotels und Goldschmiede für fairen Schmuck. Ebenso vielfältig wie die Unternehmen sind die Ergebnisse der GLS Wirkungstransparenz für das Jahr 2020. Das bedeutet auch, dass anders als in anderen GLS Branchen eine Auswertung auf Branchenebene nur bedingt aussagekräftig sein kann und die einzelnen Unternehmungen bei einigen Wirkungsindikatoren schwer vergleichbar sind. Dennoch können wir einen Überblick darüber geben, was die GLS Gemeinschaft durch gezielte Finanzierungen von Unternehmen der nachhaltigen Wirtschaft erreichen konnte.

Diskussion unserer Wirkung

Finanzieren wir mit unseren derzeitigen Maßstäben der Kreditvergabe bereits alle Unternehmen, die es für eine sozial-ökologische Transformation braucht? Und wie stehen wir zu Unternehmen, die gerade selbst einen Transformationspfad einschlagen (wollen)? Durch die fortschreitende Transformation auch von besonders energieintensiven Industrien, wie der Stahl- und Zementindustrie, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir klimaneutrale Stahlunternehmen oder Unternehmen, die CO2-neutralen Zement herstellen, finanzieren wollen und vielleicht sogar sollen. Bislang haben wir beide Sparten ausgeschlossen, nicht nur aufgrund der hohen CO2-Emissionen und der Energieintensivität, sondern wegen der generellen Umweltschädlichkeit. Gleichzeitig sind wir für den Bau von Wohnhäusern, öffentlicher Infrastruktur und die Herstellung vieler industrieller Güter - auch in lebensnotwendigen Bereichen - wie der Gesundheitsversorgung - (noch) auf solche Baustoffe angewiesen. Umweltverträgliche Ersatzstoffe gibt es zwar in den meisten Fällen, wie z.B. den Holzbau, der gerade eine Renaissance erlebt. In der Fläche wachsen ebendiese umweltverträglichen Stoffe jedoch gerade Schritt für Schritt aus der Nische heraus. 

Die Transformation der Wirtschaft zur CO2-Neutralität stellt uns vor die Frage, ob wir nun auch Branchen finanzieren sollten, die wir zuvor aufgrund ihrer CO2-Intensität ausgeschlossen haben. Die Frage unter welchen Voraussetzungen dies geschehen kann, um den Umbau der Wirtschaft voranzutreiben und Unternehmen hin zu einer sozial-ökologischen Wirtschaftsweise zu begleiten, beschäftigt uns derzeit intensiv.

Die Ergebnisse der GLS Wirkungstransparenz im Jahr 2020 zeigen: Unsere Kreditnehmer*innen zahlen auf die Qualität Sinnstiftung ein. Um im Detail zu verstehen, welche Nutzenstiftung die von uns finanzierten Unternehmen durch ihre Produkte und Dienstleistungen schaffen, fragen wir nach: Die Ergebnisse zeigen, dass rund 34 Prozent der von uns finanzierten Unternehmen in der Branche Nachhaltige Wirtschaft explizit zur Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse beitragen. Das heißt sie sind in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Kleidung, Wohnen und/oder Hygiene tätig. Mindestens genauso wichtig ist die Förderung der menschlichen Entwicklung, welche einen hohen immateriellen Wert hat. 19 Prozent der Unternehmen in der Branche Nachhaltige Wirtschaft bieten Produkte und/oder Dienstleistungen in den Bereichen Bildung, Sport, Kunst, Naturerlebnis und soziale-kulturelle Teilhabe an.

Nutzenstiftung durch die Unternehmen in der Branche 
Nachhaltige Wirtschaft

Der Erhalt und Schutz unserer Erde steht bei 22 Prozent der Unternehmen im Vordergrund. Das bedeutet, dass das Unternehmen durch sein Geschäftsmodell einen aktiven Beitrag zum Erhalt und Schutz unserer Umwelt leistet. So schützt etwa das Unternehmen Wildplastic aktiv unsere Umwelt, indem es zusammen mit Partnerorganisationen Plastik aus der Natur sammelt und daraus Müllbeutel herstellt. Hinzu kommt, dass 16 Prozent der Unternehmen durch ihre Produkte und Dienstleistungen einen expliziten Beitrag zur Erreichung der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen leisten – etwa durch Mobilitätsprojekte mit grünem Wasserstoff (SDG 7 und SDG 13), die Förderung lokaler Nachhaltigkeitsnetzwerke (SDG 17), ressourcensparendes und ökologisches Catering (SDG 12), faire und nachhaltige Textilien (SDG 8 und SDG 12) sowie innovative Mobilitätskonzepte für den urbanen Raum (SDG 9 und 11).

Nur 9 Prozent der finanzierten Unternehmen sind im Bereich Statussymbole oder Luxusgüter zu verorten. Dazu zählen Schmuck, Individualmobilität, Elektronik und andere Statussymbole. Die Einteilung von Produkten und Dienstleistungen der Individualmobilität und Elektronik zu Statussymbolen und Luxusgütern ist dabei nicht diskussionsfrei. Wir benötigen eine Mobilitätswende weg vom Individualverkehr, genauso wie eine Minimierung unseres Konsums von Elektronikartikeln, um begrenzte Ressourcen zu schonen. Dennoch können diese Güter auch lebensnotwendig und zwingend erforderlich sein, gerade wenn eine Person durch den Beruf oder Wohnort auf den PKW angewiesen ist oder als Freiberuflerin einen modernen Laptop benötigt. Die Einteilung in Schwarz und Weiß, in Notwendigkeit und Luxus ist somit nicht einfach und nicht eindeutig. Dazu stehen wir im ständigen Austausch mit unseren Firmenkund*innen.

Neben der Frage nach Grundbedürfnis und Luxus müssen wir uns ebenso fragen, wie Unternehmen die zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst effizient und wirkungsvoll einsetzen. Daher ist die Frage der Genügsamkeit und Sparsamkeit zentral bei der Frage, was produziert wird.

Unsere Firmenkund*innen gehen genügsam mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen um. Wir haben die produzierenden Unternehmen in unserer Branche Nachhaltige Wirtschaft gefragt: Wenn die Unternehmen Ressourcen einsparen, dann benötigen sie im Vergleich zu konventionellen Produkten durchschnittlich rund 48 Prozent weniger Kunststoff und 31 Prozent weniger Wasser. Das kommt insbesondere der Umwelt zugute - unabdingbar in Zeiten von Wasserverschmutzung durch Plastikabfälle und Wasserknappheit in heißen Sommern. 

Ähnlich verhält es sich bei den wertvollen Ressourcen Holz, fossile Energieträger (Öl, Treibstoff, Gas) sowie Papier. Hier sparen die Unternehmen durchschnittlich 57 Prozent Holz, 63 Prozent fossile Energieträger und 42 Prozent Papier ein im Vergleich zu konventionellen Produktionsverfahren. Besonders erfreulich: Ein Unternehmen kann ca. 90 Prozent Chemikalien vermeiden und ein weiteres Unternehmen verzichtet vollständig auf PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien) bei der Behandlung von Textilien. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch auch: Bei zwei Drittel der produzierenden Unternehmen liegen uns noch keine Daten hinsichtlich der Einsparung von wertvollen Ressourcen vor. Damit können wir uns noch nicht zufriedengeben.

Durchschnittlich eingesparte Ressourcen (bei Unternehmen, die Resourcen einsparen)

Neben der Reduktion wertvoller Ressourceneinsätze bieten die Unternehmen unserer Branche Nachhaltige Wirtschaft zusehends mehr Optionen an, Produkte mehrfach zu verwenden. Bei 76 Prozent der von uns finanzierten Unternehmen bestehen Anreize zur Reparatur und Wiederverwendung der verkauften Produkte, um somit vermeidbaren Konsum gezielt zu reduzieren. Zu den Maßnahmen gehören z.B. Angebote für eine gemeinschaftliche Nutzung, die Steigerung der Langlebigkeit der Produkte, besondere Serviceangebote sowie der Verzicht auf eine geplante Obsoleszenz (also ein eingebautes, frühes Verfallsdatum des Produktes). Damit werden Konzepte wie „Teilen statt Kaufen“ und Prämissen wie „Weniger ist Mehr“ Bestandteil von nachhaltigen Geschäftsmodellen.

Als Beispiel kann hier unser Kunde Vaude genannt werden. Vaude als Hersteller von Outdoor-Ausrüstung hat einen starken Fokus auf sozial-gerechte Arbeitsbedingungen sowie auf die ökologischen Auswirkungen der Herstellung. Vaude setzt sich auch dafür ein, dass ihre Produkte möglichst lange verwendet werden können: Diese können von Kund*innen selbst repariert oder zur Reparatur zu eine*r Fachhändler*in (über die Gewährleistung hinaus) gebracht werden.

Die positive Wirkung eines Unternehmens beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Produkte, die es produziert oder verkauft. Der Umgang mit Zulieferern, Mitarbeiter*innen und weiteren Anspruchsgruppen entlang der Lieferkette ist zentraler Baustein auf dem Weg zu einer sozial-ökologischen Wirtschaft, die allen zugutekommt.

Daher legen unsere Firmenkund*innen viel Wert auf Faire Partnerschaften. Unsere Wirkergebnisse aus dem Jahr 2020 zeigen: 91 Prozent der Unternehmen engagieren sich im regelmäßigen Austausch mit ihren Lieferant*innen, um auf Augenhöhe zu agieren. Hierzu zählen Kostentransparenz und Abnahmesicherheiten, die Etablierung von Netzwerken und weitere Maßnahmen zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens. So können Unternehmen durch Geschäftsbeziehungen basierend auf Vertrauen, Transparenz und Solidarität gestärkt den Herausforderungen des Marktes, wie Preisdruck oder Angebots- und Preis-Volatilität, begegnen.

Damit die nachhaltige Wirkung der Unternehmen nicht nur auf das eigene Unternehmen und die eigenen Produkte beschränkt wird, bieten 48,9 Prozent der von uns finanzierten Unternehmen gezielt Maßnahmen zur Begleitung von Lieferant*innen zur Verbesserung der sozialen Produktionsverhältnisse an. Im Umkehrschluss nutzen jedoch noch mehr als die Hälfte der Unternehmen keine expliziten Maßnahmen, um die sozialen Produktionsverhältnisse entlang der Wertschöpfungskette weiter zu verbessern.

Dies könnte u.a. an Kostengründen, fehlendem Know-how sowie einer Fokussierung auf die sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen im eigenen Unternehmen liegen. Dabei rücken im Zuge der aktuellen Diskussion um die Einführung eines Lieferkettengesetzes in Deutschland, soziale Aspekte entlang der (globalen) Wertschöpfungskette zunehmend in den Fokus von Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

Dass der Aufbau eines stabilen Netzwerks aus Lieferant*innen und Abnehmer*innen nicht ganz einfach ist und schnell auf sich wandelnde Vorgaben und Nachfrageänderungen reagiert werden muss, zeigt sich auch in dieser Branche. Im Schnitt beträgt die Dauer der Geschäftsbeziehungen der Unternehmen mit ihren Lieferanten fünf Jahre. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sich der Markt durch die zunehmende gesellschaftliche Aufmerksamkeit stark wandelt, wächst und im Aufbau befindet. Ein anderer Grund könnte sein, dass hohe Ansprüche hinsichtlich Nachhaltigkeitskriterien unserer Kund*innen ein Grund für die vermeintlich kurzen Beziehungsspannen sind.

Zukunft denken, verstehen und stärken – Mit einem gemeinsamen Ziel für die Zukunft einstehen

Wie können wir die Vision einer Wirtschaft, die von Genügsamkeit, Sinnstiftung und fairen Partnerschaften geprägt ist stärken? Wir verfolgen einen zweigliedrigen Ansatz: Einerseits richten wir den kritischen Blick in die Bank beziehungsweise auf die aktuelle Wirkung unserer Finanzierungen. Wo sind Verbesserungspotenziale? Wie können wir Firmenkund*innen gezielt begleiten, ihre Geschäftsmodelle in Richtung von Klima- oder Biodiversitätsschutz, Menschenrechte in der Lieferkette, oder Reparierbarkeit ihrer Produkte weiterzuentwickeln? Andererseits richten wir den kritischen Blick nach außen und identifizieren die notwendigen Hebel der Politik, um die Transformation voranzutreiben. Hierzu knüpfen wir Netzwerke und fordern politische Rahmenbedingungen, wie einen lenkungswirksamen CO2-Preis. Zudem sind Themen wie Wiederverwendbarkeit und Recycling eng verwoben mit der Forschung, insbesondere der Werkstoffforschung.

Gemeinsam mit unseren Kund*innen können wir zudem Projekte realisieren, neue Wege gehen und ein besonderes Augenmerk auf unser Zukunftsbild legen, diskutieren, versuchen, Erfolge feiern und Fehler beheben. Eine genügsame, sinnstiftende und faire Wirtschaft ist möglich, und vor allem sozial-ökologisch zukunftsfähig. Ausgewählte Beispiele unserer Kund*innen finden Sie hier:

Weiterführende Beispiele zu unseren Unternehmen in der Branche Nachhaltige Wirtschaft

Melawear setzt weltweit Maßstäbe für nachhaltige Kleidung: 
https://blog.gls.de/bankspiegel/melawear-setzt-weltweit-massstaebe/

Gitarren Meckbach: So schön kann Gründung klingen:
https://blog.gls.de/allgemein/gitarren-meckbach-schoen-kann-eine-gruendung-klingen/

Wildes Plastik: Der erste Müllbeutel, der die Welt aufräumt: 
https://blog.gls.de/bankspiegel/wildes-plastik/

Wenn Unternehmen sich selbst gehören
https://blog.gls.de/bankspiegel/purpose-eigentum-neu-denken/

Hinweis

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Im Jahr 2020 konnten wir bereits für über die Hälfte der Neukredite die sozial-ökologische Wirkung systematisch erfassen. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen.